Rede zum Frauen*streik 2019
14. Juni 2019, Luzern
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Liebe Frauen, liebe solidarische Männer
100 Milliarden Franken: So viel Geld entgeht den Frauen pro Jahr.
Weil sie beim Lohn diskriminiert werden. Weil sie bei Stellenbesetzungen diskriminiert werden. Weil sie bei der Karriere diskriminiert werden. Und weil sie dazu noch den größten Teil der unbezahlten Arbeit übernehmen. Das Einkommen der Frauen ist nur etwa halb so gross wie dasjenige der Männer – Nicht weil sie weniger arbeiten, sondern weil sie zu viel gratis arbeiten und für den Job zu wenig Lohn bekommen.
Heute wehren wir uns gegen diese kolossale Ungerechtigkeit. Wir fordern Lohn, Zeit, Respekt: Ressourcen, bezahlte und unbezahlte Arbeit müssen endlich fair auf Frauen und Männer verteilt werden.
Fair bedeutet nicht, dass weniger privilegierte Frauen aus Entwicklungsländern die bisher unbezahlte Arbeit neu bezahlt zu einem schlechten Lohn und unter miserablen Arbeitsbedingungen erledigen.
Fair bedeutet, dass wir die Arbeit von Frauen gesellschaftlich und finanziell aufwerten. Wir fordern anständige Mindestlöhne, die für ein Leben ohne Armut reichen. Wir fordern Gesamtarbeitsverträge in Branchen mit hohem Frauenanteil, die für gute Arbeitsbedingungen sorgen. Wir fordern arbeitsgesetzliche Regelungen für die Arbeit in Privathaushalten, damit Care-Migrantinnen nicht mehr Willkür und Ausbeutung ausgesetzt sind. Und wir fordern anständige AHV – Renten, die ein Alter ohne Sorgen ermöglichen – selbstverständlich ohne Rentenaltererhöhung.
Fair bedeutet, dass Frauen und Männer genug Zeit haben, um für sich und ihre Lieben zu sorgen. Arbeit auf Abruf und ständige Erreichbarkeit gehören abgeschafft. Wir fordern kürzere Arbeitszeiten – natürlich bei gleichbleibendem Lohn –, damit niemand mehr zwischen Teilzeitfalle und Burnout wählen muss. Wir fordern namhafte Investitionen der öffentlichen Hand in den Care-Sektor, damit Pflege und Kinderbetreuung kein teurer Luxus mehr sind. Wir fordern Betreuungsurlaube für Menschen, die für kranke Kinder oder Angehörige sorgen müssen, damit sie dabei nicht selber krank werden.
Fair bedeutet, dass Frauen nicht mehr gekündigt wird, weil sie Mütter sind. Wir fordern, dass der Kündigungsschutz ausgebaut wird. Wir fordern. Nulltoleranz bei Sexismus am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft. Wir fordern Respekt.
Deshalb streiken wir heute – für Lohn, Zeit, Respekt.
Die vielen Menschen am heutigen Frauen*streik machen mir Mut. Wir sind mehr als die ewig gestrigen, die in Wirtschaft und Parlament jegliche Verbesserungen abblocken. Wir sind Aufbruch, wir sind die Zukunft. Gemeinsam werden wir Arbeitswelt und Gesellschaft verbessern – für Frauen und auch für Männer.