AHV: Für einen Richtungswechsel statt Rentenkürzung
Am 3. März stimmen wir über zwei AHV-Initiativen ab. Zur Auswahl stehen ein Ausbau und ein Abbau: Während ein bürgerliches Initiativkomitee die AHV-Leistungen schrittweise kürzen will, würde die Initiative für eine 13. AHV-Rente den dringend nötigen Richtungswechsel in der Altersvorsorge bedeuten. Sie wäre ein wichtiger Schritt in eine Zukunft, in der die AHV endlich der Verfassung entspricht und die Existenz sichern kann.
Als im Herbst 2022 die Abbauvorlage AHV 21 gegen den Willen einer Frauenmehrheit angenommen wurde, versprachen die Bürgerlichen dafür Massnahmen zur Verbesserung der Situation der Rentnerinnen. Stattdessen legt ein bürgerliches Komitee nun einen weiteren Abbau der AHV-Leistungen vor: Bis 2032 soll das Rentenalter schrittweise auf 66 Jahre angehoben, anschliessend an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Dies ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die schon jetzt bis zur Erschöpfung arbeiten, um anschliessend nur mit Ergänzungsleistungen über die Runden zu kommen.
Faktische Rentenkürzung
Die Befürworter*innen des Leistungsabbaus machen Stimmung mit der angeblich schlechten finanziellen Situation der AHV – ja sogar vom drohenden AHV-Bankrott ist auf der Initiativ-Website zu lesen. Dabei blenden sie zwei Dinge aus: Erstens ist die AHV solide aufgestellt und erwartet für die nächsten Jahre jährlich 3 Milliarden Franken Überschuss. Denn relevant ist nicht die (sinkende) Anzahl Erwerbstätiger pro Rentner*in, sondern einzig die Lohnsumme und diese ist aufgrund der steigenden Produktivität gestiegen. Zweitens beeinflusst der soziale Status die Lebenserwartung massgeblich: Diejenigen in prekären Jobs und mit tiefem Einkommen tragen also am wenigsten zum Anstieg der Lebenserwartung bei, sind jedoch am meisten von einer gesetzlichen Rentenaltererhöhung betroffen. Denn anders als gut Verdienende mit gefüllter Pensionskasse und Vermögen – die wohl im Initiativkomitee übervertreten sind – können sie sich eine Pensionierung vor dem ordentlichen Rentenalter kaum leisten. Für sie bedeutet die «Renteninitiative» nichts anderes als eine Rentenkürzung.
Für ein besseres Leben im Alter
Das Problem der AHV ist nicht die mangelhafte Finanzierung, sondern dass sie einen zentralen Verfassungsgrundsatz nicht einhält: Wer ein Leben lang gearbeitet hat (und dazu zählt seit der zehnten AHV-Revision auch die unbezahlte Familienarbeit), sollte sich mit der AHV im Pensionsalter die Existenz sichern können. Dies ist bis heute nicht der Fall: Wer keine zweite und dritte Säule hat, kommt ohne Ergänzungsleistungen nicht über die Runden. Dem wirkt die Initiative «Für ein besseres Leben im Alter» entgegen: Analog zum 13. Monatslohn sollen Rentner*innen eine 13. AHV-Rente erhalten. Nach jahrelangen bürgerlichen Katastrophenszenarien könnte die Initiative einen Richtungswechsel hin zu mehr Rentengleichstellung und weniger Altersarmut bewirken. Und nicht zuletzt wäre sie eine Verbesserung für die Frauen, deren Rentenalter 2022 angehoben wurde.
Veröffentlicht im „Journal“ Nr. 70 der Grünen Kanton Bern